„Diese Arbeit, in deren Mittelpunkt die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger steht, erbringen die Männer des KMRD Tag für Tag seit zwei Generationen“, so ADD-Präsident Thomas Linnertz. „Sie erbringen sie mit großer Kompetenz, Erfahrung und Sachverstand, da neben der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger auch stets Sachwerte vor der Zerstörung geschützt werden. Dabei gehen sie mutig und ruhig mit dem notwendigen Durchblick ihrer gefährlichen Arbeit nach. Jeder Fund ist ein Einzelfall und erfordert höchste Vorsicht und Konzentration. Ich freue mich sagen zu können, dass in all diesen Jahren keine Personenschäden bei den Kollegen des KMRD zu beklagen waren, was angesichts zahlreicher, gefährlicher Einsätze nicht selbstverständlich ist und mich tiefe Dankbarkeit empfinden lässt. Diese Arbeit, die die Männer des KMRD täglich für uns leisten, kann nicht hoch genug geschätzt werden und ihnen gebührt unser Dank!“
Im Jahr 2023 hat der Kampfmittelräumdienst (KMRD) in Rheinland-Pfalz rund 19 Tonnen Munition gefunden und geborgen, im jährlichen Durchschnitt liegen die Fundmengen bei rund 30 Tonnen. Zudem wurden im letzten Jahr 21 Bombenblindgänger mit einem Bruttogewicht von mehr als 50 kg entschärft. Insgesamt wurden somit rund 691 Fundmeldungen im letzten Jahr durch die Mitarbeiter des KMRD bearbeitet.
Historie:
Nach Beendigung des 2. Weltkriegs begann auch in Rheinland-Pfalz die Munitionsbeseitigung und Entminung der Hinterlassenschaften des Krieges. Zunächst waren die Entmunitionierungskommandos in den einzelnen Regierungsbezirken noch völlig unterschiedlich organisiert. In allen Landesteilen begannen die Städte und Kreise mit der Beseitigung der in großen Mengen herumliegenden Munition beziehungsweise mit der Säuberung der verminten Flächen. Sie beauftragten entweder private Unternehmen oder stellten selbst einzelne Feuerwerker ein. In der zweiten Phase kam die Einschaltung der französischen Besatzungsbehörden, wobei in den Regierungsbezirken unterschiedlich vorgegangen wurde. Im Regierungsbezirk Trier wurde ab 1946 geräumt, in den Regierungsbezirken Koblenz und Montabaur ab Mitte 1947. In den Regierungsbezirken Rheinhessen und Pfalz wurde bereits ab 1946 die Entminung durch eine private Firma und die Entmunitionierung durch die Zentralstelle für Sprengwesen in Worms durchgeführt. Die dritte Phase war der Übergang der gesamten Entminung und Entmunitionierung in deutsche Zuständigkeit. 1949 legte die französische Militärregierung die Zuständigkeit in deutsche Hände und das Land Rheinland-Pfalz trat erstmalig als Arbeitgeber gegenüber den Angestellten der verschiedenen Entmunitionierungkommandos auf, die ab diesem Zeitpunkt in den öffentlichen Dienst wechselten. Somit kann man sagen das 1949 die Geburtsstunde des Kampfmittelräumdienstes Rheinland-Pfalz ist.
Besondere Funde und Einsätzen der letzten 25 Jahre:
1999 Fund einer Luftmine in Koblenz im Bereich der Universitätsbaustelle auf dem Gelände der ehemaligen Pionierkaserne in Koblenz Metternich. In dieser Bombe waren ca. 1300 kg Explosivstoff.
2007 Karnevalsauftakt 11.11.2007 verschoben wegen Bombenentschärfung in der Innenstadt von Koblenz. Während der circa dreistünden Entschärfung mussten rund 10.000 Koblenzer den Gefahrenbereich verlassen.
2008 Taucheinsatz im größten Maar der Vulkaneifel, dem Laacher See. 2008 wurde ein britischer viermotoriger Bomber gesucht, der am 28. August 1942 dort abstürzte. Aufgabe des KMRD war die vermutete Bombenlast zu finden. Dieser Einsatz dauerte mehrere Wochen und wurde unter anderem von der Feuerwehr- und Katastrophenschutzakademie Rheinland-Pfalz sowie der Berufsfeuerwehr unterstützt.
2011 Erneuerter Fund einer Luftmine aufgrund von Niedrigwasser im Rhein bei Koblenz. Die Großladungsbombe musste aufwendig vom Fluss mit Sandsäcken abgetrennt werden um ein Entschärfen zu ermöglichen. Für die Entschärfung mussten am 04.11.2011 rund 45.000 Menschen den Gefahrenbereich verlassen. Dies war die größte Evakuierung für die Stadt Koblenz nach dem zweiten Weltkrieg.
2017 Größerer Munitionsfund auf der Baustelle für die neue Feuerwache in Birkenfeld. Hier wurden unter anderem circa 500 kg Infanteriepatronen, 13.000 2 cm-Patronen, 300 Handgranaten, 170 Panzerfäuste und weitere Munition verschiedener Kaliber mit einem Gesamtgewicht von circa 8 Tonnen geborgen.
2023 Entschärfung zweier britischen Fliegerbomben am 28.02.2023 in Koblenz-Güls. Aufgrund der Topographie und Steillage mussten die Bomben von Hand freigelegt werden. Auch die anschließende Entschärfung stellte den Kampfmittelräumdienst auf die Probe, da die Zündsysteme sich nicht einfach entfernen ließen. Die Bergung der entschärften Bomben in Hanglage konnte nur in Zusammenarbeit mit der Berufsfeuerwehr Koblenz beziehungsweise der Höhenrettung realisiert werden.
2024 In Mainz wurde eine britische Sprengbombe (MC1000 Lb) von circa 500 kg gefunden und erfolgreich entschärft. Im Zuge der Entschärfung am 04.07.2024 mussten rund 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner evakuiert werden.
Entschärfungen mit dem System „Ramses“. Hierbei handelt es sich um eine „Pyramide“ aus Stahlbeton und Sand sowie einer Zugangsröhre samt Belüftung, in deren Inneren die Entschärfung aber auch eine geplante Sprengung durchgeführt werden kann. Hauptsächlich eingesetzt wird „Ramses“ bei Funden auf Werks- und Firmengeländen, um die dort befindlichen Anlage zu schützen. Bereits mehrmals kam diese Technik auf dem Werksgelände der BASF in Ludwigshafen zum Einsatz, das letzte Mal im August 2021 als dort eine britische Sprengbombe von circa 250 kg unschädlich gemacht wurde.
Hintergrund:
Der KMRD wird vom Land Rheinland-Pfalz vorgehalten und kommt bei der Beseitigung von Kampfmitteln sowie bei der Suche nach Kampfmitteln bei konkreten Hinweisen zum Einsatz. Organisatorisch gehört er zur ADD und besteht aus einer Leit- und Koordinationsstelle in Koblenz sowie den Räumgruppen Koblenz und Worms mit insgesamt 14 Mitarbeitern.
Die Kampfmittelbeseitigung ist eine Aufgabe der ordnungsbehördlichen Gefahrenabwehr im Rahmen des Polizei- und Ordnungsbehördengesetztes Rheinland-Pfalz. Hiernach sind grundsätzlich die örtlichen Ordnungsbehörden zuständig, können sich allerdings zur Erfüllung ihrer Aufgaben an den seitens des Landes vorgehaltenen KMRD wenden.
Dabei ist die Amtshilfe des Kampfmittelräumdienstes auf die zur Abwehr konkreter Gefahren unmittelbar erforderlichen Maßnahmen beschränkt. Aufgrund dessen gehört es nicht zu den Aufgaben des KRMD die Kampfmittelbelastung oder die Kampfmittelfreiheit von Grundstücken im Rahmen der Bauleitplanung beziehungsweise Baugenehmigungsverfahren zu beurteilen oder zu bescheinigen. Hierzu müssen private Fachunternehmen beauftragt werden.
Beim Fund von verdächtigen Gegenständen, bei denen es sich um Kampfmittel handeln könnte, sind diese unter keinen Umständen zu berühren oder zu transportieren. In diesen Fällen sollten umgehend die örtlichen Polizeidienststellen oder Ordnungsämter informiert werden.